Dr. Rob Wüst: Muskelfunktion und Post-Exertional Malaise bei Long Covid COVID is not over, 11. Dezember 202412. Dezember 2024 „Dr. Rob Wüst: Muscle Function & Post-Exertional Malaise in Long COVID (Day 1, Block 2)“ von YouTube anzeigen Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahren Sie mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube. Inhalt von YouTube immer anzeigen Dieser Beitrag gehört zum Schwerpunkt Unite To Fight 2024. Dr. Rob Wüst, Assistenzprofessor für Muskelmetabolismus an der Vrije Universiteit Amsterdam, untersucht, wie körperliche Anstrengung bei Long Covid-Patient*innen zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands führen kann. Besonders im Fokus steht das Symptom der Post-Exertional Malaise (PEM) – eine deutliche Verstärkung von Fatigue, Muskelschmerzen, Hirnnebel und anderen Beschwerden, die typischerweise einsetzt, wenn Betroffene ein individuelles Belastungslimit überschreiten. Anders als bei vielen anderen Erkrankungen, bei denen moderate Bewegung meist positiv wirkt, ist körperliche Aktivität bei Long Covid oft mit schwerwiegenden Nachwirkungen verbunden. Was PEM von gewöhnlicher Erschöpfung unterscheidet In klassischen Rehabilitationsansätzen gilt körperliche Betätigung meist als förderlich. Bei Long Covid hingegen kann selbst leichte Anstrengung eine anhaltende Verschlechterung auslösen, die sich über Tage, Wochen oder sogar Monate erstreckt. PEM ist dabei mehr als nur »normale« Fatigue: Sie setzt zeitlich verzögert ein, ist individuell verschieden und lässt sich bislang nicht durch einfache Biomarker im Blut oder bildgebende Verfahren nachweisen. Einblicke in die Muskelfunktion: Auffällige Veränderungen bei Long Covid Dr. Wüsts Forschung konzentriert sich darauf, was bei PEM im Skelettmuskel geschieht. Erste Studien zeigen, dass sich bei Long Covid-Betroffenen – die nicht unbedingt bettlägerig sind oder typische Vorerkrankungen haben – eine anormale Muskelfaserzusammensetzung und Veränderungen im Energiestoffwechsel des Muskels finden. Auch die Mitochondrien, die »Kraftwerke« der Zellen, funktionieren offenbar nicht wie bei Gesunden. Interessanterweise reichen diese Veränderungen allein nicht aus, um den Effekt von PEM zu erklären, da sie sich unmittelbar nach Belastung weiter verschlechtern. Mögliche Mechanismen hinter PEM Neben der gestörten Mitochondrienfunktion spielen Entzündungsprozesse und möglicherweise Mikrogerinnsel (Microclots) eine Rolle, wie sie auch bei Long Covid insgesamt diskutiert werden. Diese Ablagerungen finden sich im Muskelgewebe und verstärken sich nach körperlicher Aktivität. Auch Spuren des Virus selbst konnten manchmal noch im Muskel nachgewiesen werden. Die genauen Zusammenhänge sind komplex: Während man früher davon ausging, dass Inaktivität oder ein rein psychisches Problem die Ursache ist, deuten Dr. Wüsts Ergebnisse auf spezifische, krankheitsbedingte und rasche Veränderungen im Muskelstoffwechsel hin, die durch Belastung noch verschärft werden. Abgrenzung von Deconditioning Die von Dr. Wüst beobachteten Befunde unterscheiden sich deutlich von typischem Muskelabbau, wie er etwa nach längerer Bettruhe oder mangelnder Bewegung auftritt. Die Veränderungen scheinen auf einen eigenen pathophysiologischen Prozess hinzuweisen, der nicht mit normalem Deconditioning gleichzusetzen ist. Konsequenzen für die Therapie: Pacing statt intensiver Bewegung Solange die molekularen Mechanismen hinter PEM nicht besser verstanden sind, ist Vorsicht geboten. Intensive körperliche Aktivität kann den Krankheitszustand verschlimmern. Stattdessen empfehlen Dr. Wüst und sein Team ein individuelles Pacing: Patient*innen sollten lernen, ihre Belastungsgrenzen zu erkennen und nicht zu überschreiten. Physiotherapie und Ergotherapie können dabei helfen, ein Gleichgewicht zu finden, ohne die Symptomatik weiter anzuheizen. Ausblick: Weitere Studien auch zu ME/CFS Die nächsten Schritte umfassen Vergleichsstudien mit ME/CFS-Patient*innen sowie eine engere Verzahnung der Muskelbefunde mit anderen Long Covid-Forschungsthemen, etwa zur Endothelfunktion oder den komplexen immunologischen Prozessen. Auch das Monitoring mittels Alltagssensoren, etwa die Messung der Herzfrequenzvariabilität, könnte künftig helfen, Vorboten von PEM frühzeitig zu erkennen. Fazit Dr. Wüsts Forschung zeigt, dass Long Covid-bedingte Muskelveränderungen und PEM eigene, noch nicht völlig verstandene Mechanismen aufweisen. Während konventionelle Reha-Konzepte auf mehr Bewegung setzen, gilt bei Long Covid und ME/CFS das Gegenteil: Zu hohe Belastung kann einen tiefgreifenden, langanhaltenden Rückschlag auslösen. Die Hoffnung liegt nun auf weiterführenden Studien, um effektive, schonende Therapien gegen diesen Teufelskreis zu entwickeln. UniteToFight 2024 – Vorträge
Prof. Dr. Resia Pretorius: Microclots als zentrale Komponente von Long Covid 12. Dezember 202412. Dezember 2024
Johan Van Weyenbergh: Patientenorientierte klinische Studie zu Long Covid 30. Juli 202412. Dezember 2024