Spezialisierte Ambulanzen für Long COVID und ME/CFS: Berliner Betroffene fordern rasches Handeln COVID is not over, 17. Februar 20254. März 2025 Berlin – Immer mehr Menschen leiden unter den anhaltenden Folgen einer COVID-19-Infektion oder weisen Symptome auf, die auf das Krankheitsbild ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) hindeuten. Beide Erkrankungen können schwerwiegende Einschränkungen im Alltag verursachen. Dennoch bleibt die medizinische Versorgung Betroffener in Berlin stark hinter den tatsächlichen Bedürfnissen zurück. In einem offenen Brief setzen sich Aktivist:innen und Erkrankte nun für den Aufbau spezialisierter Ambulanzen ein – und fordern, dass das Land Berlin dem Beispiel anderer Regionen folgt, die bereits entsprechende Versorgungsstrukturen etablieren. Wer den Aufruf unterstützen möchte, findet alle Informationen und die Möglichkeit zur Mitzeichnung unter folgendem Link: ✎ Zum Unterstützungsformular Auch Ärzt:innen sind von der aktuellen Situation betroffen: Sie müssen die komplexe Behandlung bewältigen, ohne dafür ausreichende Ressourcen zu erhalten. Daher rufen die Initiator:innen dazu auf, medizinisches Fachpersonal auf den offenen Brief aufmerksam zu machen und um Mitzeichnung zu bitten. Dafür kann die nachfolgende Mail-Vorlage genutzt werden. Sehr geehrte/ sehr geehrter [Name], ich wende mich an Sie, da am 28. Februar 2025 ein Offener Brief an die Berliner Regierung verschickt wird, in dem Betroffene auf die weiterhin unzureichende Versorgungslage für Long-/Post-COVID, Post-Vac und ME/CFS in Berlin hinweisen. Wir fordern, dass die Berliner Regierung Verantwortung übernimmt und – wie im Koalitionsvertrag versprochen – spezialisierte, interdisziplinäre Anlaut- stellen einrichtet. Sie sollen sowohl die Betroffenen als auch die niedergelassenen Ärzt:innen, die derzeit die komplexe Behandlung schultern müssen, entlasten. Bitte unterstützen Sie dieses Anliegen und unterzeichnen Sie den Brief mithilfe des folgenden Links.Dort finden Sie den Brief auch im Volltext: t1p.de/xf9im Vielen Dank für Ihre Unterstützung! Mit freundlichen Grüßen[Name] Unterstützungs-Mail jetzt senden! Lücken in der Berliner Versorgung In ihrem offenen Brief kritisieren die Unterzeichnenden die aktuellen Strukturen. Zwar hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit seiner Long-COVID-Richtlinie ein wichtiges Signal für eine interdisziplinäre und koordinierte Versorgung gesetzt. Doch die Betroffenen erleben in der Praxis monatelange Wartezeiten, unzureichend informierte Ärzt:innen und fehlende Behandlungskonzepte für das komplexe Beschwerdebild. Gerade für Menschen mit schwerster Symptomatik – oft auf das Bett oder die Wohnung beschränkt – existiert kaum angemessene Hilfe. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV Berlin) hält trotz deutlicher Hinweise auf eine hohe Zahl Betroffener an ihrem Standpunkt fest, die vorhandenen Versorgungswege reichten aus. Daten aus einer Anfrage bei der KV Berlin zeigen jedoch deutlich steigende Neudiagnosen, unter anderem beim ICD-Code G93.3 (ME/CFS) sowie bei Post-COVID (U09.9) – ein Hinweis darauf, dass der Bedarf viel größer sein dürfte, als bislang angenommen. Aus Sicht der Briefunterzeichner:innen braucht es deshalb dringend spezialisierte Anlaufstellen, die modernste Behandlungsansätze, Telemedizin sowie barrierearme Untersuchungs- und Therapieangebote sicherstellen. »Aktivierung« kann schaden Zudem wird kritisiert, dass das Versorgungskonzept der KV Berlin auf veraltete Ansätze zurückgreift, die körperliche Aktivierung in den Mittelpunkt stellen. Dies kann bei Betroffenen mit Post-Exertioneller Malaise (PEM) gefährlich sein und zu einer schweren, oft langfristigen Verschlechterung führen. Neuere Konsenspapiere, unter anderem aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, raten bei Long COVID und ME/CFS zu einem vorsichtigen Behandlungsansatz, der PEM unbedingt berücksichtigt. Finanzielle und soziale Folgen Die Folgen für die Erkrankten gehen weit über die gesundheitliche Belastung hinaus. Viele müssen aufgrund fehlender oder falsch angesetzter Therapien auf Privatbehandlungen ausweichen, was zu erheblichen Kosten führt. Andere verlieren ihre Erwerbsfähigkeit, geraten in finanzielle Not und werden zu Unrecht psychologisiert. Eine Studie der Techniker Krankenkasse und der Deutschen Gesellschaft für Patientensicherheit (DGPS) bestätigt, dass ein Großteil der Betroffenen sich nicht oder falsch behandelt fühlt. Forderungen für Berlin Die Unterzeichnenden des offenen Briefs fordern vom Berliner Senat: Verbindliche Datenerhebung: Nur wenn die tatsächliche Zahl der Erkrankten bekannt ist, lässt sich der Bedarf für spezialisierte Ambulanzen realistisch abschätzen. Finanzielle Förderung: Sowohl für Ambulanzen als auch für begleitende Forschungsprojekte, die den Wissenstransfer in die Praxis beschleunigen. Infektionsschutz in medizinischen Einrichtungen: Um Reinfektionen und eine potenzielle Verschlechterung des Gesundheitszustands zu vermeiden. Aufklärungskampagne: Mehr Schulungen und verpflichtende Fortbildungen für Ärzt:innen, Pflegekräfte und Behörden, um Fehlbehandlungen sowie Stigmatisierung zu reduzieren. Aufbruch in eine neue Versorgungsära Dass der Koalitionsvertrag des Landes Berlin bereits vorsieht, die Versorgung von Long-/Post-COVID- und Post-Vac-Betroffenen zu stärken, werten Betroffene als ermutigendes Signal. Nun müsse das Land seinen Worten aber rasch Taten folgen lassen. Angesichts der alarmierenden Entwicklung wollen die Verfasser:innen das Thema auch bundespolitisch stärker in die Debatte bringen. Wer den offenen Brief unterstützen oder sich weiter informieren möchte, findet alle Details, Hintergründe und die Unterschriftenliste direkt online: Zum Unterstützungsformular Die Zeit zu handeln ist jetzt: Nur mit einer konsequenten, auf neuesten Erkenntnissen basierenden Versorgungspolitik lässt sich verhindern, dass Tausende Betroffene weiter durchs Raster fallen – und sich der Pflegenotstand bei Long COVID und ME/CFS in Berlin verschärft. Ein starker politischer Wille und ein breiter gesellschaftlicher Schulterschluss sind unerlässlich, um den dringenden Handlungsbedarf endlich in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Offene Briefe/Petitionen
Offener Leserbrief zum Interview mit Prof. Christian Bogdan in den Nürnberger Nachrichten 14. September 202320. Juli 2024