Risikorechner: Covid-Infektionen in Innenräumen verstehen COVID is not over, 27. August 202526. September 2025 Deutsch ✓ | English Viren wie SARS-CoV-2, die über die Atemwege übertragen werden, verbreiten sich vor allem in Innenräumen über Aerosole. Dort stellen sich zwei Fragen: »Wie groß ist die Chance, dass jemand infektiös ist?« und »Wie hoch ist die Ansteckungswahrscheinlichkeit im konkreten Raum?«.Der Risikorechner macht diese Abwägung auf Basis von aktueller Inzidenz, Luftwechsel, Dauer, Aktivität und Personenzahl sichtbar und vergleichbar – und hilft abzuschätzen, wie risikoreich Situationen tatsächlich sind. Bitte aktivieren Sie JavaScript. Begriffe, kurz erläutert Luftwechsel (ACH): Wie oft das gesamte Raumluftvolumen pro Stunde ausgetauscht bzw. äquivalent gefiltert wird. Mechanische Lüftung, Querlüftung und HEPA-Filter addieren sich in ihrer wirksamen Abfuhr. (ACH = Air changes per hour) HEPA-Filter: Reinigen Umluft und liefern »Filter-ACH«. Je nach Gerät/Größe sind realistische 2–5 ACH pro Gerät möglich. Aerosol: Feinste, in der Luft schwebende Partikel, die virusbeladene Atemwolken bilden und sich in Innenräumen minuten- bis stundenlang verteilen können. Anders als große Tröpfchen sinken sie nicht sofort zu Boden; ihr Aufbau wird durch Luftwechsel, Raumgröße und Aktivität bestimmt und durch Lüften bzw. HEPA-Filter reduziert. CO₂: Kein Virus, aber ein Proxy für Lüftung. Dauerhaft < 800 ppm spricht oft für guten Luftwechsel – sagt jedoch nichts über die Viruslast der Anwesenden. Quanta: Modellgröße für die durchschnittliche infektiöse Dosis. Mehr Aktivität ⇒ mehr Quanta. Prävalenz: Geschätzter Anteil infektiöser Personen, hier aus der Inzidenz und einer typischen infektiösen Phase abgeleitet. Inzidenz: Zahl der neu gemeldeten Infektionen pro definierter Bevölkerungsgröße (meist pro 100.000 Personen) innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z. B. 7 Tage). Sie dient als Grundlage zur Abschätzung der aktuellen Infektionswahrscheinlichkeit in der Bevölkerung. Vorbelasteter Raum: Der Raum war kurz vor dem Aufenthalt bereits belegt; dadurch startet die Virenkonzentration > 0. Im Rechner ist das als Option »Potenziell vorbelasteter Raum« umsetzbar. Annahme: Die Vorbelegungszeit wird dynamisch an die Aufenthaltsdauer des jeweiligen Blocks angepasst und ist auf maximal 1 Stunde begrenzt (t_pre = min(Dauer, 1 h)). Lüftung/HEPA und natürliche Abnahme wirken wie gewohnt. Tagesrisiko und Langzeitrisiko – was ist der Unterschied? Ein einzelner Termin kann vertretbar sein, obwohl sich bei regelmäßiger Wiederholung ein deutliches Gesamtrisiko aufbaut. Das Tagesrisiko beschreibt die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung bei einem Anlass. Das Langzeitrisiko summiert viele vergleichbare Anlässe über Wochen – etwa den Schul- oder Büroalltag. Gerade unter Einbeziehung der Inzidenzprognose kann so abgeschätzt werden, wie hoch das Ansteckungsrisiko über eine Infektionswelle hinweg ist. Was im Hintergrund berechnet wird Der Rechner verknüpft zwei Bausteine: Anwesenheitsrisiko: Aus der 7-Tage-Inzidenz (alternativ: Inzidenzprognose) wird die Prävalenz geschätzt, also der Anteil infektiöser Personen in der Bevölkerung. Daraus folgt die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Gruppe mindestens eine infektiös ist. Ansteckungsrisiko im Raum: Mithilfe eines vereinfachten Box-/Wells-Riley-Ansatzes wird berechnet, wie viele infektiöse Quanta während der Aufenthaltsdauer eingeatmet werden. Entscheidend sind Luftwechsel pro Stunde (ACH), Raumvolumen, Dauer, Aktivität (ruhiges Atmen vs. Sprechen/Singen/Sport), Masken und HEPA-Filterung. Lüftung/Filter erhöhen die Abfuhr virushaltiger Partikel, Masken senken Emission und Inhalation, und natürliche Verluste (Sedimentation/Inaktivierung) werden als konstanter Zusatzabfall berücksichtigt. Aus beidem ergibt sich die Infektionswahrscheinlichkeit, einmalig und kumuliert. Vorbelastung (optional): In kleinen, häufig wiederbelegten Räumen (z. B. Behandlungszimmer, Umkleiden, dichte Meetings, Kursräume) startet die Berechnung – wo sinnvoll – mit einer bereits erhöhten Raumkonzentration. Im Rechner als Option »Potenziell vorbelasteter Raum« einstellbar. Die Vorbelegungsdauer wird dynamisch auf die Aufenthaltsdauer des Blocks gesetzt und dabei auf maximal 1 Stunde begrenzt (t_pre = min(Dauer, 1 h)). Warum Aerosole komplex sind – und welche Vereinfachungen der Risikorechner nutzt Aerosole verteilen sich nicht überall gleich: Nähe zur sprechenden Person (Nahfeld), Raumströmungen, Thermik, geöffnete Türen/Fenster oder wechselnde Belegung schaffen Inhomogenitäten. Damit der Rechner praxistauglich bleibt, nutzt er vereinfachende Annahmen: Der Raum gilt als gut durchmischt (»well-mixed«). Lokale Spitzen (z. B. direkt vor einer singenden Person) werden so unterschätzt; als Entscheidungshilfe funktioniert das Modell trotzdem zuverlässig.Quanta-Emission und Atemrate werden über die Dauer gemittelt und anhand der gewählten Aktivität skaliert.Abfuhr/Abnahme (Lüftung, Filterung, natürliche Verluste) wird als konstant angenommen. Kurzfristige Schwankungen glätten sich in der Modellrechnung.Masken wirken als effektive Reduktion beider Richtungen (Quelle/Empfänger) – real gibt es Spannbreiten, die hier bewusst konservativ angesetzt sind. Das Modell trifft damit Trendaussagen: Welche Stellschrauben senken das Risiko am stärksten? Es ersetzt kein maßgeschneidertes Strömungsgutachten für besondere Situationen. Berechnungsgrundlage (kurz) Ansatz. Gut-durchmischter Raum nach Wells–Riley mit Aufbauglied nach Gammaitoni–Nucci. Die von einer empfänglichen Person eingeatmete Dosis bei einem Infektiösen lautet: D = (q · p)/(V · λ) × [ t − (1 − exp(−λ · t))/λ ] mit q = Quanta-Emission (quanta/h, aktivitätsabhängig), p = Atemvolumenstrom (m³/h), V = Raumvolumen (m³), t = Aufenthaltsdauer (h), λ = Gesamtentfernung [h⁻¹] = Lüftungsrate (ACH) + Filterbeitrag + Inaktivierung/Deposition. Optional: Vorbelastung des Raums. War eine infektiöse Person bereits tpre zuvor im Raum, addiert sich ein Startbeitrag zur Dosis: Dpre = (q · p)/(V · λ) × [ (1 − exp(−λ · tpre)) · (1 − exp(−λ · t)) / λ ] Im Rechner gilt dynamisch: tpre = min(t, 1 h). Infektionswahrscheinlichkeit (≥ 1 Infektiöser anwesend). P = 1 − exp(−D) Prävalenzmodus (unbekannt, wer infektiös ist). Für n weitere Anwesende und pprev (aus 7-Tage-Inzidenz I₇ geschätzt via p_prev ≈ (I7/100000) · T_inf/7 mit T_inf ≈ 5 Tagen): P_block = 1 − [ (1 − p_prev) + p_prev · exp(−D) ]^n Tages-/Kumulativrisiko. P_tag = 1 − ∏(1 − P_block), P_kum(d) = 1 − ∏_{τ ≤ d} (1 − P_tag(τ)) Masken & HEPA. Masken skalieren die Dosis D multiplikativ (Quelle/Empfänger). HEPA erhöht effektiv die ACH. Für feste Gruppen wird ein kleiner, gedeckelter Ketteneffekt berücksichtigt. Annahmen/Limitierungen. Gut durchmischte Luft, konstante Raten, keine Nahfeld-Jets, unabhängige Kontakte; größte Unsicherheit stammt aus q (Aktivitätsabhängigkeit). Grundlagen: Wells–Riley; Gammaitoni–Nucci (1997). Die Implementation folgt der in der Aerosol-Literatur etablierten Poisson-Dosis-Wirkung. Mit einer CO₂-Ampel den Luftwechsel grob einschätzen Eine CO₂-Ampel zeigt, wie schnell verbrauchte Luft durch Frischluft ersetzt wird. Sinkt der CO₂-Wert nach dem Lüften (oder in leerem Raum) in etwa 40–45 Minuten auf die Hälfte, entspricht das grob ≈ 1 Luftwechsel pro Stunde; bei 20–22 Minuten etwa ≈ 2 ACH; bei 10–11 Minuten etwa ≈ 4 ACH. HEPA-Filter reduzieren die Viruslast, beeinflussen aber den CO₂-Wert nicht – sie erhöhen die äquivalente Luftwechselrate für Aerosole, ersetzen jedoch keine Frischluftzufuhr. So wird der Rechner genutzt Zunächst wird das Setting eingestellt: Inzidenz, Raumvolumen, Dauer, Personenzahl und Aktivität. Alternativ kann ein vorgefertigtes Szenario genutzt werden. Es ist ebenfalls möglich Teilszenarien festzulegen, um komplexe Situationen abzubilden. Die angesetzten Quanta pro Aktivität sind SARS-CoV-2-spezifisch. Das Ergebnis wird in verschiedenen Szenarien (z. B. 0/1/3/6 ACH, mit/ohne HEPA, mit Masken) ausgegeben. Für das Langzeitrisiko kann – falls verfügbar – eine Inzidenzprognose einbezogen oder eine durchschnittliche Inzidenz der nächsten 3 Monate gewählt werden. Außerdem können Wochenenden ausgeschlossen und/oder Zeiträume ohne Infektionsrisiko angegeben werden (bspw. durch Ferien oder Urlaub). Die farbigen Ampelpunkte neben den Ergebnissen helfen bei der Einordnung des Risikowerts des jeweiligen Szenarios. Vorbelasteter Raum: Bei passenden Teilszenarien (z. B. Behandlungszimmer, Umkleide, dichte Meetings, Kursräume mit Raumwechsel) kann die Option »Potenziell vorbelasteter Raum« aktiviert werden und ist in vielen Templates bereits sinnvoll vorausgewählt. Die Vorbelegungszeit wird dynamisch an die jeweilige Blockdauer angepasst und auf maximal 1 Stunde begrenzt (t_pre = min(Dauer, 1 h)). Wenn »Mindestens eine infektiöse Person anwesend« aktiv ist, wird die Vorbelastung konservativ automatisch berücksichtigt. Grenzen & Einordnung Das Ergebnis ist eine statistische Abschätzung und ersetzt keine individuelle Beratung. Menschen unterscheiden sich in Empfänglichkeit, Verhalten und Immunlage; vor allem Nahfeld-Situationen oder Superspreading-Ereignisse können lokal deutlich höhere Risiken erzeugen. Auch Prognosen bleiben Prognosen. Die Werte sind als Entscheidungshilfe gedacht, nicht als Garantie – auch weil Risiken nicht gleich verteilt sind und manche Situationen mehr Aufmerksamkeit verlangen. Detailliertere Analysen: WHO ARIA Für komplexere Raum- und Nutzungsprofile eignet sich das WHO-Tool ARIA (Airborne Risk Indoor Assessment). Es bildet neben dem gut durchmischten Ansatz auch zeitlich variierende Lüftung, Filterstufen (MERV/HEPA), differenzierte Maskenwirkungsgrade, Aktivitäts- und Belegungsprofile sowie Unsicherheiten in der Quanta-Emission ab. ARIA ergänzt den hier gezeigten Rechner, erlaubt feinere Szenarien und Sensitivitätsanalysen – benötigt dafür jedoch mehr Eingangsdaten/Annahmen und berechnet keine kumulierten Risiken. Transparenz & Daten Wenn vorhanden, nutzt das Langzeit-Modul eine Inzidenzprognose für Deutschland – mit freundlicher Unterstützung von Martin Hechler. Die Prognosedaten können sich zu jeder Zeit ändern und sind lediglich eine Schätzung des kommenden Infektionsgeschehens.Alternativ lässt sich eine konstante Durchschnittsinzidenz ansetzen. Die Kurve zeigt das kumulative Risiko; die hellgraue Fläche skizziert den 7-Tage-Mittelwert der täglichen Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine infektiöse Person anwesend ist. Fazit Innenräume bleiben der zentrale Ort für SARS-CoV-2-Übertragungen. Der Rechner hilft bei der Abwägung, um Risiken für Einzelereignisse (bspw. für Arztbesuche, Einschulungen, Feierlichkeiten) und über längere Zeiträume und Infektionswellen hinweg bewusst zu managen. Nachrichten Ratgeber ⭐️